Hasenjagd
in der Malschule - Wie
Japanerinnen dem Osterfest auf die
Spur kommen und so die deutsche Kultur kennen lernen
Von Nina C.
Zimmermann (epd)
Düsseldorf/Berlin
(epd). Es gibt viele Wege, dem Osterhasen auf die Schliche zu kommen.
Im Supermarkt lächelt er aus dem Regal, im Fernsehen hoppelt er
durch die Werbung - und in einer Düsseldorfer Malschule prangt
er zwischen Frühlingsblüten auf einem Pappmaché-Ei.
Japanerinnen haben sich für diese Form der Hasenjagd entschieden
und besuchen das Atelier für dekorative Malerei von Christel Hasenbeck.
Allerdings kommen ihnen das Osterfest und die deutschen Bräuche
reichlich exotisch vor.
«Ostereier,
stehen die nicht für die Hoffnung auf viele Kinder?», fragt
Uno Mizonoue. Die 41-Jährige lebt seit zehn Jahren mit ihrem Mann
in Düsseldorf. In Hasenbecks Malschule umrandet sie den kleinen
braunen Hasen auf ihrem Pappmaché-Ei mit zartrosa Blütenblättern.
Sie betrachtet ihr noch frisches Werk und sagt dann: «Mir gefällt
das Ganze wegen der Blumen.» Uno Mizonoue will das Ei mit Süßigkeiten
füllen und ihrer Tochter schenken. Sie und ihre Kurskolleginnen
fühlen sich offenbar vor allem vom Dekorativen rund um Ostern angesprochen.
«Ihr kulturelles
Interesse ist sehr ausgeprägt», hat Atelierbesitzerin Hasenbeck
beobachtet. Sie bietet zu jeder Jahreszeit passende Workshops an und
hat in den vergangenen 25 Jahren fast 3.000 japanische Malschülerinnen
unterrichtet. «Außer Malen lernen die Damen bei mir auch
sehr viel über Brauchtum», sagt die 67-Jährige. Die
meisten Teilnehmerinnen seien sehr aufgeschlossen, wollen mehr über
bestimmte Traditionen hier zu Lande wissen und probieren sie sogar aus.
«Letztes Jahr
haben wir Eier gesucht», sagt zum Beispiel Ritsuko Asano, die
erst seit kurzem in Deutschland wohnt. Wie Uno Mizonoue bemalt auch
sie zum ersten Mal ein Osterei. Die beiden Frauen wissen zwar, wie das
Fest in Deutschland begangen wird. Der christliche Hintergrund, den
Christel Hasenbeck bei Bedarf auch erläutert, spielt für sie
keine Rolle. Uno Mizonoue erinnert sich erst nach einigem Grübeln,
sie habe schon mal davon gehört, Ostern habe etwas mit Jesus und
Auferstehung zu tun. Diese zögerliche Aussage ist wenig verwunderlich.
Nur rund ein Prozent
der 127 Millionen Japaner sind Christen. Was seine Landsleute über
Ostern wüssten, hätten sie aus den Medien, erklärt Chiaki
Ikuta vom Japanisch-Deutschen Zentrum Berlin (JDZB). Der religiöse
Hintergrund spiele bei Berichten über Ostergottesdienste in Europa,
den USA oder Israel allenfalls eine untergeordnete Rolle. Die Frage,
ob sich Ostern in Japan sonst irgendwie bemerkbar mache, verneint Ikuta.
Er erzählt stattdessen von der Faszination, die ein großes
Berliner Schokoladengeschäft mit seinen Hasenfiguren vor kurzem
auf japanische Gäste ausgeübt habe.
Das langohrige Tier
gilt in Japan als Symbol für ein langes Leben. Von seinem Dasein
als Osterhase wüssten seine Landsleute dagegen nichts, sagt Ikuta.
Das bestätigt auch ein Anruf bei der der Zweigstelle der Deutschen
Industrie- und Handelskammer in Tokio. Export deutscher Osterprodukte
nach Japan? Gehe gegen null, heißt es dort. Das Fest sei geschätzten
95 Prozent der Japaner unbekannt.
Unter den 3.000
Japanern in Düsseldorf gibt es dagegen nun zumindest in Hinsicht
auf das Brauchtum einige Oster-Boten. Ritsuko Asano, Uno Mizonoue und
ihre Kurskolleginnen werden auch ihre selbst bemalten Eier im Gepäck
haben, wenn sie eines Tages nach Japan zurückkehren. «Sie
wollen alles, was für sie typisch deutsch ist, mit in ihre Heimat
nehmen», sagt Malatelier-Chefin Hasenbeck. Ritsuko Asano nickt.
«Ein Ei ist eigentlich nicht genug. Vielleicht male ich zu Hause
noch mehr», sagt die 36-Jährige. «Das ist eine gute
Erinnerung an unsere Zeit in Deutschland.» (03853/30.3.2006)
© epd
Nina
C. Zimmermann ist Print- und Hörfunkjournalistin und
arbeitet u.a. für den Evangelischen Pressedienst (epd) und das
rbb Inforadio. Sie hat einige Beiträge zum Thema Japan veröffentlicht.